Beitrag #3
12.08.2012, 11:34
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 31.03.2015, 23:22 von Mike-Tanja.)
Ich glaube, dass es weniger die an den Kopf gerichtete künstlerische Provokation ist, die solche ablehnenden Reaktionen hervorruft.
"Grüß Göttin!" wird für viele Menschen zum Symbol. Zum Symbol für das Neumodische, Vereinheitlichende, "Korrekt"machende oder Globalisierende.
"Was müssen wir uns noch bieten lassen, was kommt da noch?", fragen sich viele Leute. Frauen beim Heer, Sahne statt Obers, Nitsch im Museum, zwei Männer auf dem Standesamt, das alles drückt für viele einen Angriff auf das Gewohnte, auf ihr moralisches Koordinatensystem, ihre sprachliche Identität, einen Teil ihrer Welt, wie sie sie von Kindesbeinen auf kannten, aus.
Unsere Welt ist amorph geworden, gestaltlos, in jeder Hinsicht in ständiger Veränderung begriffen. So wie Computerprogramme, die, sobald zum Verkauf freigegeben, eigentlich schon veraltet sind. Und - aber hallo! - als Teil einer Bewegung zur Auflösung festgefügter Geschlechts-Rollenbilder stecken wir da ja mittendrin!
Gerade die Religion sehen viele in dieser Situation als einen von dieser Veränderungswelle ausgenommenen, sicheren Rückzugsort. Und gerade deshalb haben rückwärtsgewandte religiöse Strömungen bedeutenden Zulauf. Weil sie versprechen, die Welt wieder mit einem klaren Koordinatensystem auszustatten.
Daher vielleicht die heftige negative Reaktion, auch von Menschen, die mit dem Kopf durchaus zu tolerantem Denken fähig sind.
"Reaktion" ist tatsächlich ein mehrdeutiges Wort. Sie ist das, was zurückkommt, aber auch das Bestreben, die Dinge wieder zu einem früheren Zustand zurückzuführen (von lateinisch "agere", was tun, treiben, aktiv handeln bedeutet).
- Sag' Du mir, in welche Schublade ich passe! -