Intersexualität & Non-Binary: Verfahren zu Anerkennungen eines dritten Geschlechts
RE: Intersexualität: Gerichtsverfahren zur Anerkennungen eines dritten Geschlechts
Beitrag #161
(10.01.2019, 06:08)Bonita schrieb: ... https://www.google.com/search?q=Variante...sterium.at
&
https://www.google.com/search?q=Variante...heit.gv.at

- jeweils keine Ergebnisse;

Der Erlass Das Empfehlungsschreiben des BMI: [attachment=1043]

Der 1. Google-Link brachte nun ein Ergebnis, ein PDF (erstellt am 08.01.2019) mit der Experten-Gruppe:

https://www.sozialministerium.at/site/Ge...ntwicklung

https://www.sozialministerium.at/cms/sit...cklung.pdf

Als Anhang: [attachment=1047] Nachtrag: Anhang gelöscht, da kein Recht zur ho Veröffentlichung vorliegt.
[Bild: avatar_202.jpg] „NATSUME! NATSUMEe! NATSUMEee!“ — Nyanko-Sensei en.wikipedia.org/wiki/Natsume%27s_Book_of_Friends
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RE: Intersexualität: Gerichtsverfahren zur Anerkennungen eines dritten Geschlechts
Beitrag #162
Also spätestens hier begibt die Sache unfreiwillig komisch zu werden:

Österreichische Versorgungsstellen für die Varianten der Geschlechtsentwicklung (Broschüre von der Website des BMASGK)

Das sollen also die als Sachverständigenorganisationen verpflichtend heranzuziehenden "VdG-Boards" sein? Das ist eine Liste von (hoffentlich) entsprechend qualifizierten Ärzten, Psychologen, Kliniken, Beratungsstellen und Selbsthilfeorganisationen.

Als Leiter einer Personenstandsbehörde wüsste ich jetzt nicht, wen ich da jeweils auffordern sollte, mir ein Gutachten über die Intersexualität einer/eines Antragstellerin/Antragstellers zu erstellen. Alle, jede/n beliebige/n, eine regionale Gruppe, jemanden mit einem medizinischen Abschluss, eine Selbsthilfeorganisation?

Nach dem Gesetz (§ 52 AVG) und Praxis muss ich zuerst eine/n Amtssachverständige/n heranziehen, gibt es keinen, dann vorzugsweise eine Person, die als allgemein beeidete/r und gerichtlich zertifizierte/r Sachverständige/r  für das Fachgebiet (irgendwas medizinisch-biologisch-genetisches wird sich schon in der Sachverständigenliste finden) eingetragen ist, sonst jede/n, die/den ich für entsprechend qualifiziert halte. Die Bestellung einer Person oder Organisation, die in einer Broschüre des BMASGK steht, ist im AVG nicht vorgesehen, ich glaube daher nicht, dass der BMI so etwas per Erlass vorschreiben darf.
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RE: Intersexualität: Gerichtsverfahren zur Anerkennungen eines dritten Geschlechts
Beitrag #163
Rainbow 
wenn diese vdg-boards... denn jetzt zur (fremd)bestimmung respektive deutung des geschlechts von inter ernannt? werden, dann bezieht sich das sicher auch auf m/w, egal ob cis oder ts und das in jedem krankenhaus, in dem geboren wird? in jedem standesamt, in dem einträge vorgenommen/geändert werden?
wären ja sonst irgendwie... unterschiedliche rechtsrahmen für den gleichen sachverhalt, sprich: geschlechtseintrag. aber so oder so... es ist und bleibt eine fremdbestimmung/zuweisung (aufgrund von intimbausätzen) und somit strukturelle gewalt. (außer bei ts, die sich dafür mit gutachter rumschlagen müssen. die näxte ungleichbehandlung.)
 
aber ich bin sicher, dass das wortreich "erklärt" werden kann, genau wie der punkt, warum der gesetzgeber das eingetragene geschlecht nicht aberkennen dürfte, nachdem sich die körperlichen parameter des bürgers geändert haben (unfall, krankheit, whatever). schließlich nimmt sich der staat auch das recht heraus, ebenjene voraussetzungen als bedingung zu erheben.
der gedanke, dass der geschlechteintrag vom gesetzgeber ausgehend nicht geändert werden darf ist wie der wunsch, im personenstand nach einer scheidung weiterhin als verheiratet geführt zu werden. auf welcher rechtsgrundlage sollte geschlechtseintrag und familienstand unterschiedlich behandelt werden?
 
also, wenn der gesetzgeber schon auf biologismen rumreitet, dann bitte schön für alle geschlechter, ansonsten ists diskriminierung und dann mit der konsequenz, das er nicht nur anerkennt, sondern im umkehrschluß auch aberkennt. mal gucken, was das verfassungsgericht davon am leben läßt...
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"Gender/Sex Identity" oder auch:
"Die Geschichte vom Regenbogen, der dachte, er wäre ein Halbkreis...."

Inter/Nonbinary?
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RE: Intersexualität: Gerichtsverfahren zur Anerkennungen eines dritten Geschlechts
Beitrag #164
Mal was Erfreuliches: Kürzlich hat die Stadt Hannover beschlossen, in dieser Angelegenheit sogar noch einen Schritt weiterzugehen:
https://orf.at/stories/3108673/ schrieb:Stadt Hannover nur noch mit gendergerechter Sprache

Die Hauptstadt des deutschen Bundeslandes Niedersachsen, Hannover, führt in ihren offiziellen Korrespondenzen „geschlechtergerechte Verwaltungssprache“ ein. Laut einer Pressemitteilung der Stadt trägt man nun „der Vielzahl geschlechtlicher Identitäten Rechnung“. Zudem entspreche die Empfehlung der Stadt der neuen Gesetzgebung, nach der auch das dritte Geschlecht im Personenstandsregister geführt wird.

Der städtische Schriftverkehr, also alle E-Mails, Presseartikel, Broschüren, Formulare, Flyer und Briefe, muss in Zukunft gendergerecht formuliert sein. Das bedeutet vor allem, „geschlechtsumfassende Formulierungen“ zu verwenden. Wenn das nicht möglich ist, müsse man andere Wege finden, etwa den Einsatz eines Sternchens (*) „als Darstellungsmittel aller sozialen Geschlechter und Geschlechtsidentitäten“. Der Stern ersetze das bisher verwendete Binnen-I.

So soll in Zukunft aus Lehrerinnen und Lehrern „Lehrende“ werden, aus dem Wählerverzeichnis „Wählendenverzeichnis“ und aus dem Rednerpult ein „Redepult“. Die Regelung ist für die 11.000 Beschäftigten der Stadt verbindlich. Es sei ein „wichtiges Signal und ein weiterer Schritt, alle Menschen unabhängig von ihrem Geschlecht anzusprechen“, so Oberbürgermeister Stefan Schostok.

Clap
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RE: Intersexualität: Gerichtsverfahren zur Anerkennungen eines dritten Geschlechts
Beitrag #165
Das BMI hat das letzte Verfahren, mit dem die Registrierung der Intersexualität in den Personenstandsregistern verhindert oder verzögert werden sollte, glatt verloren.

Der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) hat mit Erkenntnis vom 14. Dezember 2018, Ro 2018/01/0015, die o. Amtsrevision des Bundesministers gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich vom 3. Juli 2018, LVwG-750369/46/MZ, mit dem festgestellt worden ist, dass der "Geschlechtseintrag von A P im Zentralen Personenstandsregister von „männlich“ auf „inter“ zu berichtigen ist", zurückgewiesen.

Zusammenfassung des VwGH für die Medien (mit Link zum Volltext der Entscheidung)

Der VwGH (und das LVwG OÖ) gehen klar davon aus, dass in Fällen der Intersexualität, wie im Anlassfall, die Personenstandsregister nach § 42 PStG 2013 rückwirkend zu berichtigen (und nicht nach § 41 PStG 2013 nachträglich zu ändern) sind.

Allerdings hält der VwGH auch fest (in Rz 25 der Entscheidung):
Zitat:Nach dieser Rechtsprechung kommt es entgegen der Auffassung der mitbeteiligten Partei in der Revisionsbeantwortung sehr wohl auf das biologische, körperliche Geschlecht an.
Die Eintragung kann auf "inter" lauten.

Insofern ist der Intersex-Erlass des BMI (--> Anwendung von § 41 PStG 2013, Bezeichnung muss "divers" lauten) damit bereits wenige Tage nach Versendung von einem Höchstgericht gründlich durchlöchert worden.
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RE: Intersexualität: Gerichtsverfahren zur Anerkennungen eines dritten Geschlechts
Beitrag #166
(22.01.2019, 23:04)Ирина schrieb: Mal was Erfreuliches: Kürzlich hat die Stadt Hannover beschlossen, in dieser Angelegenheit sogar noch einen Schritt weiterzugehen:
[quote=https://orf.at/stories/3108673/]
Stadt Hannover nur noch mit gendergerechter Sprache

Ja. Mit dem Ergebnis, daß die Öffentlichkeit nur den Kopf schüttelt, incl. meiner Arbeitskollegen. Und das sind ganz sicher keine Nazis.
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RE: Intersexualität: Gerichtsverfahren zur Anerkennungen eines dritten Geschlechts
Beitrag #167
Ich vermute mal gutwilligerweise, die Meinungen sind geteilt Huh, und die Fähigkeit, so etwas umzusetzen, dürfte geringer sein als der (gute) Wille Confused

Das Problem ist selbst dann noch ein Abnutzungseffekt, wenn das genauso gedankenlos dahingelabert wird wie so vieles anderes auch Undecided Es wäre eher wie einen Text mit einer automatischen Wortergänzung zu schreiben.

Für unsere Zwecke in diesem Thread hier ist bemerkenswert, daß es zwar eine ganze Reihe von Gesellschaften mit mehr als nur zwei Geschlechtern gibt, aber das bildet sich (zumindest soweit bekannt) nicht ikonisch auf Genera bzw. Nominalklassen ab.

Varabilität wie im Falle der Femminielli scheint mir nicht untypisch. Es können aber auch männliche Referenzen bevorzugt werden wie bei den Hijras, oder sehr bekannt sind auch sexolektische Unterscheidungen wie im Lakhota. Wobei wíŋkte typischweise weibliche Formen benutzen sollten.

Allerdings wird die Sprache leider manchmal nicht mehr so gut beherrscht, so daß ich schon mit Tókhel yaúŋka huwó? "How are you?" angelabert wurde. Sonst war es aber korrekt (und neutral) Tókheškhe yaúŋ he? "id."

Tja, und wie ich schonmal irgendwo erwähnt hatte, es wird zwar viel über Intersexualität geredet, aber die pototypische Instanz einer Kategorie ist es m.E. nie.
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RE: Intersexualität: Gerichtsverfahren zur Anerkennungen eines dritten Geschlechts
Beitrag #168
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RE: Intersexualität: Gerichtsverfahren zur Anerkennungen eines dritten Geschlechts
Beitrag #169
In Zusammenhang mit dem eigentlichen Thema möchte ich auf den nächsten TransX Abend am 20.2.2019 hinweisen. 
Es kommt Dr. Helmut Graupner, jener Anwalt der im Sommer 2018 das OGH Urteil zu Gunsten Alex Jürgen erstritten hat.
Interessant warum das Urteil immer noch nicht umgesetzt wird, und wie es für IS weiter geht und welche Möglichkeiten sich für NBs ergeben (könnte).
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RE: Intersexualität: Gerichtsverfahren zur Anerkennungen eines dritten Geschlechts
Beitrag #170
(05.02.2019, 19:08)Sopherl schrieb: In Zusammenhang mit dem eigentlichen Thema möchte ich auf den nächsten TransX Abend am 20.2.2019 hinweisen. 
Es kommt Dr. Helmut Graupner, jener Anwalt der im Sommer 2018 das OGH Urteil zu Gunsten Alex Jürgen erstritten hat.
Interessant warum das Urteil immer noch nicht umgesetzt wird, und wie es für IS weiter geht und welche Möglichkeiten sich für NBs ergeben (könnte).
Das war wirklich ein hochinteressanter (und auch sehr gut besuchter) Abend. Ich bin gespannt, ob es Dr.Graupner gelingt, eine/n Non-Binary zu finden, die/der bereit ist, einen weiteren Präzedenzfall durchzufechten.

Ich bin allerdings nicht übermäßig optimistisch. Der Verwaltungsgerichtshof scheint mit "Randziffer 25" bereits ein nationales Stoppschild ("Bis hierher und nicht weiter!") aufgestellt zu haben, das die rechtliche Berücksichtigung aller nicht biologisch begründeten Abweichungen vom binären Geschlechtssystem ausschließt, ob man den (vermutlich auch konservativer gewordenen) Verfassungsgerichtshof überzeugen wird können...schau' ma amal! Bleibt aber immer noch der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte.

Einen Versuch wäre es jedenfalls wert! Clap

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