Depathologisierung - Stoppt F64.0
RE: Depathologisierung - Stoppt F64.0
Beitrag #76
(10.03.2012, 12:21)Mike-Tanja schrieb:
Ich weiß nicht, woher einige den Eindruck gewinnen bzw. anschließend das Gerücht verbreiten, es gäbe in diesem Punkt keine Rücksichtnahme oder Solidarität aller Betroffenengruppen betreffend die Minderheit der transsexuellen Menschen. Wer sich da Sorgen macht, macht sich nach meinem Befund ganz unnötige Sorgen. Ich kenne niemanden, der nicht den Satz unterschreiben würde, dass im Zweifel (also wenn die Sozialversicherungsleistungen zur Behandlung von Erscheinungsformen der Transsexualität ernsthaft in Gefahr sind) soziale Sicherheit vor De-Psychopathologisierung von F-64.0 geht.

Das geht auch aus meinem Blogeintrag hervor. Ich spreche im Übrigen nur für mich selbst. Ich maße mir nicht an, eine Betroffenengruppe zu vertreten, und ich bin nicht Funktionär/in einer einschlägigen Organisation.

Man wird sehen, ob die wissenschaftlich-politische Diskussion auf Ebene der WHO zu einer Lösung kommt und zu welcher. Bis dahin schlage ich vor, dass sich die Community auf einschlägige Szenarien einstellt, statt sich an eine Eintragung in einem Krankheitenkatalog zu klammern, der mit größter Wahrscheinlichkeit nicht so bleiben wird, wie er ist.

Von Dir Tanja weiß ich, dass Du das so siehst.

Nur leider vermisse ich bei einigen anderen Gruppen, vor allem im Ausland, eine solche Rücksichtnahme. Schon oft musste ich von TV´s, aber leider auch von Homosexuellen, lesen, dass es besser wäre keine GA-OP´s durchzuführen, dass man TS-Kinder und TS-Jugendliche erst mal erwachsen werden lässt, bevor man auch nur an Hormione denkt, da diese ja möglicherweise nur nicht zu ihrer Homosexualität stehen können, und deswegen ein Mädchen sein möchten, etc.

Und die Angst, dass die WHO TS aus dem Katalog streichen könnte, sehe ich nicht so unbegründet. Gerade im Zuge der derzeitigen Einsparungen im Gesundheitswesen, wäre so eine "Massenheilung" für jene öffentlichen Gesundheitssysteme, die für Behandlungskosten bei TS aufkommen, ein willkommener Anlass die Leistungen einfach zu streichen. Es gibt hier sehr wohl bereits solche Aussagen und Andeutungen seitens einiger österreichischer KK.

Wenn wir also nicht jetzt darum kämpfen, dass die Kostenübernahmen, mit welcher gesetzlichen Begründung auch immer, erhalten bleiben, könnte es schon bald zu spät sein. Ist die umfassende Depathologisierung, also die ersatzlose Streichung auch von TS aus dem ICD erst mal durch, dann ist es zu spät.


(10.03.2012, 13:33)Eva schrieb: Im ICD10 gäbs hierfür auch die Bereiche "Angeborene Fehlbildungen, Deformitäten und Chromosomenanomalien" (Q00-Q99) oder "Faktoren, die den Gesundheitszustand beeinflussen und zur Inanspruchnahme des Gesundheitswesens führen" (Z00-Z99) des ICD-10. Ich denke, dass eine Kategorie wie „psychischer Intersexualismus“ auch weitaus passender wäre als eine Persönlichkeitsstörung.


Tja, nur hast Du nicht bedacht, dass es bei TS weder sicht- noch messbare angeborene Fehlbildungen, Deformationen oder Chromosomenanomalien gibt. Somit scheint die Q-Reihe also ungeeignet zu sein.

"Faktoren, die den Gesundheitszustand beeinflussen und zur Inanspruchnahme des Gesundheitswesens führen" (Z00-Z99), bedürften dann wohl einer klaren gesetzlichen Bestimmung, dass sich draus Ansprüche auf HRT, GA-OP, etc. ableiten ließen. Ich fürchte nämlich, dass die Z-Reihe zuwenig Substanz hätte um die Bestimmungen des § 117 ASVG wirksam werden zu lassen. Und ob es möglich wäre die nötigen Rechtsbestimugnen zu schaffen, kann ich nicht sagen. Wenn ich mir aber anschaue seit wann wir um eine ordentliche gesetzliche Umsetzung der klaren Aussagen von VwGH und VfGH kämpfen, dann kann ich mir nicht vorstellen, dass es bei den derzeitigen Mehrheitsverhältnissen im Nationalrat und beim Einstimmigkeitsgebot im Ministerrat möglich wäre derartige Bestimmungen einzuführen.

(10.03.2012, 13:33)Eva schrieb: Ich weiß, du kannst im F64.0 keine Diffamierung sehen willst, weil wir ja dafür (angeblich) OPs und HRT bekommen (dubioses Argument). Dass der F-Katalog auch Transvestitismus, Fetischismus, Fetischistischer Transvestitismus, Exhibitionismus, Sadomasochismus, Änderung der sexuellen Orientierung und Sexuelle Beziehungsstörung nennt, zeigt ganz deutlich, dass es hier nicht um Krankheiten, sondern um eine Sammlung von Abnormitäten geht.

Ich habe immer gesagt, dass ich dafür bin alles ausgenommen F 64.0 und F 64.2 ersatzlos zu streichen. Die "Diagnosen" Transvestitismus, Fetischismus, Fetischistischer Transvestitismus, Exhibitionismus, Sadomasochismus, Änderung der sexuellen Orientierung und Sexuelle Beziehungsstörung sind absolut unnötig und verzichtbar.

Nur warum bitte wird nicht ganz konkret die Streichung o. a. "Diagnosen" gefordert, sondern auf die gesamte Streichung der F 64.x-Gruppe im ICD abgezielt. Warum sollen auch die beiden hilfreichen Diagnosen F 64.0 und F 64.2 gestrichen werden?

Und wenn Du Abnormitäten ansprichst, dann sage ich klar und deutlich: "Ja, ein Penis und fehlende Brüste sind bei einer Frau ein abnormaler Körperzustand. Und daher muss es hier medizinische Hilfen geben, die vom öffentlichen Gesundheitssystem finanziert werden."


(10.03.2012, 15:20)Mike-Tanja schrieb:


Wenn etwas aus meiner Sicht Sinn machen würde, dann wäre es, sich für eine Einstufung des "Transsexualismus" als körperliche Fehlentwicklung einzusetzen (und aus diesem Anlass dem Phänomen auch am besten auch gleich ein anderes Namenspickerl aufzukleben).

Tja, nur dazu bedürfte es eines Nachweises dieser Fehlentwicklung des Körpers durch einen physischer Diagnosemethode, also eines Nachweises des oftmals zitierten, aber offensichtlich nicht existenten Trans-Gens.

Und da eben ein physischer Nachweis mittels Bluttest, CT, MRT, etc., nicht geführt werden kann, wird es in absehbarer Zeit nicht möglich sein TS als körperliche Fehlentwicklung analog zu IS einzustufen.

Cerebrale Intersexualität ist eben physisch leider nicht nachweisbar.

(10.03.2012, 15:20)Mike-Tanja schrieb:
Damit beseitigte man auch den absurden Widerspruch (der, Gott sei Dank, kaum einer/einem Außenstehenden auffällt), dass zur Behandlung einer angeblichen psychischen Störung mehrheitlich am Körper herumgedoktert wird (die lege artis gebotene psychotherapeutische Betreuung dient ja hauptsächlich als Begleitung bzw. dem Ausschluss anderer Erkrankungen, tastet aber, so wie ich es sehe, die Wurzel des Problems nicht an).

Du hast natürlich prinzipiell Recht. Es wird ja auch nur deswegen physisch behandelt (HRT, GA-OP, etc.) weil man in der Vergangenheit mit den psychischen behandlungen (Reparatur des Gehirns mittels Elektroschocks und dergelcihen) kläglich gescheitert ist.

Die Grundaussage war irgendwann mal, dass man halt den Körper an das Gehirn anpasst, wenn es einfach nicht gelingen will, das Gehirn an den Körper anzupassen.

Aber es gibt auch heute noch ÄrztInnen, die das anders sehen und nicht verstehen wieso man psychische Erkrankungen überhaupt mit OP´s behandelt, und der konventionellen psychiatrischen Behandlung den Vorzug geben würden.

Die wahre Wurzel des Problems ist eben die fehlende physische Nachweismöglichkeit des Bestehens von TS.

(10.03.2012, 15:20)Mike-Tanja schrieb:
Das ist, wenn man die "psychische Krankheitswertigkeit" ernstnimmt, irgendwie fast so, als würde man einen Menschen mit krankhaftem Minderwertigkeitskomplex zwecks Muskeldopings mit Steroiden vollpumpen!

Tja, nur wie oben schon angeführt, hat man irgendwan erkannt, dass der Weg der physischen Behandlung dieser psychischen Diagnose (TS) zu mehr Erfolg und somit zu einer besseren Lebensqualität der Betroffenen führt, als der Weg der konventionellen psychischen behanlungsmethoden.

(10.03.2012, 15:20)Mike-Tanja schrieb:
Nie vergessen: über die gebotene, "wissenschaftlich richtige" Behandlung, die die Krankenkasse bezahlen muss, entscheiden letztlich de facto immer Ärztinnen und Ärzte (behandelnde Ärztinnen und Ärzte, Chefärztinnen und -ärzte der Krankenkassen, medizinische Sachverständige vor Gericht), nicht Menschen aus der Bürokratie oder Politiker/innen!

Es bedurfte aber sehr wohl der politischen Initiative, die letztlich zu den Behandlungsempfehlungen geführt haben. Und auch eine Neufassung dieser nun schon etwa 15 Jahre alten Behandlungsempfehlungen bedarf wieder der politischen Initiative.

Schon vergessen, dass ÄrztInnen die HRT und/oder GA-OP´s durchführen, die politische Rückendeckung benötigen um nicht wegen Verstoßes gegen den "Sterilisationsverbotsparagraphen" belangt werden zu können?

(10.03.2012, 15:20)Mike-Tanja schrieb:
Und die Wissenschaft lässt sich da nur sehr bedingt etwas vorschreiben. Wenn sich in Fachkreisen einmal ein Konsens gebildet hat, dass TS keine psychopathologische Erscheinung ist, dann kann man den Senf nicht mehr einfach durch einen normativen Akt in die Tube zurückdrücken! Gerade Mediziner/innen lassen sich nur sehr ungern von Betroffenen - also ihren Patient/inn/en! - sagen, was Stand der wissenschaftlichen Diskussion zu sein hat. Undecided

Daher müssen diese Dinge bereits im Vorfeld diskutiert werden, und werden auch diskutiert.

Aber letztendlich entscheiden nicht ÄrztInnen oder andere Fachleute und auch nicht JuristInnen was rechtlich in welcher Weise auch immer geregelt werden soll, sondern immer noch die Legislative. Und das ist bei uns der vom Staatssouverän, also dem Bundesvolk gewählte Nationalrat.

Und hier ist der Einflussbereich der Politik. Fachleute werden gehört, aber ihre Meinung ist für die Abgeordneten keineswegs zwingend.

(10.03.2012, 15:20)Mike-Tanja schrieb:
Ergo - und ich wiederhole mich: Besser auf den "Einschlag" des Asteroiden namens "Depathologisierung" vorbereiten, als irgendwelche Resolutionen dagegen zu beschließen! Rolleyes

Oder eben versuchen den Einschlag des Asteroiden namens "Depathologisierung" abzuwenden und zu verhindern. Und zwar auch dann, wenn er von anderen Gruppierungen zu beschleunigen und in Richtung Einschlag zu lenken versucht wird.

Resolutionen und Anträge sind ein taugliches Mittel der Politik um etwas zu bewegen. Daher ist es durchaus legitim auch in dieser Frage zu diesen Mitteln zu greifen.

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