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Interessierte Studentin auf der Suche nach Antworten :)
Liebe Forums-Gemeinschaft!
Ich schreibe hier aus einem vielleicht eher ungewöhnlichen Grund, bevor ich jedoch darauf genauer eingehe, möchte ich mich kurz vorstellen – auch, weil dann eventuell ein bisschen klarer wird, worum es geht bzw. warum ich hier poste J
Ich bin 25 Jahre alt, studiere an der Universität Wien und sitze nun schon des Öfteren in Gender-bezogenen Vorlesungen, in denen sämtliche Begrifflichkeiten bezüglich Gender-Studies erläutert, dargelegt und diskutiert werden. Ich selbst bezeichne mich als heterosexuell, ich lebe in einer heterosexuellen Beziehung, habe einige homosexuelle Freunde und auch mein kleiner Bruder ist gerade in der letzten Phase seines Outings zur Homosexualität (vielleicht rührt auch daher mein –unterbewusstes- Interesse an der Thematik?). Ich sitze also nun in diversen Vorlesungen und merke, dass ich mich unbedingt mehr mit dem Thema Transsexualität auseinandersetzen und beschäftigen möchte. Zum einen, weil, wie ich finde, nur äußerst unbefriedigende und zu kurz gegriffene Informationen von den Lehrpersonen an der Uni diesbezüglich bekommen habe (außer einer Definition aus dem Gender-ABC kam da recht wenig) und zum anderen, weil mir seit Jahren (wirklich Jahren!!) die irrwitzige Idee in den Sinn gekommen ist, ein Buch zu schreiben. Ich sollte vielleicht noch anmerken, dass ich u.a. Germanistik studiere und mir schreiben generell wahnsinnig Spaß macht, ich aber nicht über diese 0815-Disney/Hollywood/Klischeebelasteten Dinge schreiben möchte, sondern echte, aus dem Leben gegriffene, reale Personen, Situationen, Gedanken, Gefühle, Weißderkuckuckwas zu Papier bringen will. Kurz gesagt – ich habe im Laufe der Zeit gemerkt, dass ich unbedingt einen transsexuellen Hauptprotagonisten beschreiben möchte. An dieser Stelle möchte ich mich auch gleich für meine nicht geschlechtsneutrale Bezeichnung entschuldigen und ich hoffe, dass jemand von euch mit „Du blöde Funsen, kannst du nicht xyz schreiben?!“ kommentiert und mir eine Schreibweise aufzeigt, die ich verwenden kann/darf/soll. J
Aber zurück zu meiner Buchidee: Warum ausgerechnet einen transsexuellen Hauptprotagonisten („Du blöde Funsen“... eh schon wissen )? Die Idee ist mir deswegen in den Sinn gekommen, weil die Vorlesung an der Uni Genderaspekte in der Literatur thematisiert hat und die Quintessenz war: „Heterosexuelle Literatur en masse, homosexuelle Literatur (langsam) im Kommen, intersexuelle Literatur vereinzelt und transsexuelle Literatur so gut wie gar nicht. Und da möchte ich gerne (sensibel) ansetzen, sofern diese irrwitzige Vernebelung meines Hirns ein Buch zu schreiben jemals realisiert wird (was ich natürlich stark hoffe!).
So, und jetzt zu meinem eigentlichen Grund, warum ich hier ins Forum poste. Wie ihr bestimmt schon bemerkt habe, habe ich wirklich wenig Ahnung von Transsexualität und ich möchte gerne von Personen lernen, die sich selbst als transsexuell bezeichnen, die deswegen weinen, lachen, Schmerz empfinden, gemobbt werden/wurden, bewundert werden, die die Gesellschaft und deren Regeln/Zwänge etc. verteufeln, und all die Facetten, die Transsexualität mit sich bringt. Natürlich geht es mir hierbei u.a. um authentische Erzählungen, die ich eventuell in meine Buchfigur einfließen lassen kann, aber ganz abgesehen von dem Buch möchte ich mich auf persönlicher, interessensbasierter Ebene weiterbilden und ich würde mich riesig freuen, wenn sich hier ein paar Leute finden würden, die sich bereit erklären sich mit mir blöder Funsen über Transsexualität auszutauschen J
Falls es an dieser Stelle des Textes noch jemanden gibt, der nicht vor Langeweile oder Schimpftiraden/Kopfschütteln wieder ausgestiegen ist, möchte ich gerne meinen derzeitigen „Wissenstand“ und Fragen formulieren.
Also: das bereits erwähnte Gender-ABC mit Definitionen bestimmter Begriffe weist folgende Erklärung zum Thema „Transgender“ auf: „[...] bezeichnet Menschen, die außerhalb des binären Geschlechtssystems verortet werden bzw. sich selbst außerhalb verorten, aber auch den Konventionen der Heteronormativität entgehen. Transgender schreiben sich ein individuelles Geschlecht zu oder entziehen sich der Geschlechterordnung völlig.“
Ich verstehe unter folgender Definition, dass sich Transgender-Personen weder als „männlich“ noch als „weiblich“ definieren. Dieser Aspekt wirft mir einige Fragen auf, z.B.:
Ich bin bis dato immer davon ausgegangen, dass transsexuelle Personen „im falschen Körper stecken“, also eine beispielsweise als Mann geborene Person sich mit dem Körper/Einstellungen/Gefühlen etc. einer Frau mehr oder ausschließlich identifizieren kann und es demnach zu einer geschlechtsanpassenden Operationen kommt bzw. kommen kann. Auch der oft als Schimpfwort missbrauchte Begriff „Transe“ schien mir meine (anscheinend fälschliche Überlegung) zu verdeutlichen. Wie stimmt es denn nun? Sind beide Varianten der (also obig genannte Definition und meine bisherige Vorstellung) Transsexualität zuzuschreiben? Oder scheitere ich schon an den korrekten Begrifflichkeiten?
Eine weitere Frage: Wenn ich der obig genannten Definition des Gender-ABCs folge, bezeichnen sich Transgender-Personen also weder als männlich, noch als weiblich. Ist diese Verortung außerhalb des binären Systems immer gleichbleibend? Oder gibt es Momente/Zeitspannen, in der es Tendenzen zu einem Geschlecht gibt? Also manchmal eher weiblich, manchmal eher männlich? Oder ganz blöd gefragt: Wie kann ich mir eine solche Abgrenzung von binären Strukturen überhaupt vorstellen? Kann ich das als nicht „betroffene“ Person überhaupt? Ich würde mich wirklich riesig über eine Erläuterung freuen, ich glaube nämlich, dass genau hier der größte Knoten in meinem Hirn sitzt.
Wie sieht das mit dem sexuellen Begehren aus? Gibt es bevorzugte Geschlechter (was das binäre System betrifft) bei Transsexualität?
Ich bin im Laufe meiner „Erstrecherche“ auf den Begriff „Two-Spirit“ gestoßen, habe aber nicht wirklich herausfinden können, worum es dabei geht bzw. habe ich nur von einigen Indianer-Stämmen gelesen. Vielleicht weiß ja jemand mehr darüber? J
Das waren vorerst meine ersten Gedanken und Fragen und ich bedanke mich bei allen von euch, die bis hierher gelesen und durchgehalten haben Ich würde mich wirklich freuen, wenn es hier zu einem Austausch kommen könnte und ich bin schon wahnsinnig gespannt, was mich morgen Früh erwartet (ich gehe jetzt nämlich schlafen) und ob überhaupt jemand antwortet!
Aber sei wie es sei, ich wünsche euch nichtsdestotrotz einen schönen Abend und gute Nacht! J
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RE: Interessierte Studentin auf der Suche nach Antworten :)
01.02.2017, 02:31
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 01.02.2017, 02:41 von Bonita.)
Liebe blöde Funsen äh tanxa_b,
herzlich Willkommen im Forum von transgender.at!
Also zum Prinzip könnte man sich machen: Alles kann, nichts muss.
Ein Problem bei dem ganzen Begrifflichkeiten-Wirr-Warr könnte sein, dass Transgender (TG) aus dem Englischen kommt und eigentlich Transsexualität (TS) meinte.
Meinte, weil man inzwischen - vor allem in Deutschland - nicht mehr von Transsexualität sondern von Transidentität (TI) spricht. Dieses deshalb, weil es bei Transsexualität nicht um Sexualität geht, sondern eben um die Identität eines Menschen.
Im Gegensatz dazu stellen die Begriffe Hetero- oder Homo-, aber auch Bi-, Pan-, Poly- und A-Sexualität tatsächlich sexuelle Orientierungen dar, haben aber mit Trans* nichts bzw nur sehr am Rande zu tun. Transgender haben also ebenso wie der große Rest der Menschheit auch diese oder jene sexuelle Orientierung.
Transsexuelle/Transidente (TS/TI) sind in der Regel jene Menschen, die 24/7 in der Rolle des sozialen Geschlechts (engl eben gender) leben, die 180° entgegen jener steht die ihnen bei der Geburt zugewiesen wurde ( http://queer-lexikon.net/sex/zugeschriebenes_geschlecht ). Auch gibt es bei diesen Menschen die tiefgreifendsten Angleichungen/Anpassungen, angefangen von der Namens- und Personenstands-Änderung bis hin zur Hormontherapie oder sogar chirurgische Eingriffe. Viele streben einen vollen Wechsel an um "unerkannt" (stealth) in der breiten Masse aufzugehen, wollen mit der Vergangenheit abschließen bzw mit allem sonstigen rund um TG etc pp nichts (mehr) zu tun haben. Um über den "westlichen" Tellerrand zu blicken seien hier auch noch die sog Kathoey erwähnt.
Diese Identität kann aber auch fließend sein, also es muss nicht den einen Switch (Wechsel) geben, wo sich eine Frau eines männlichen und vice versa ein Mann eines weiblichen Körpers "entledigen" möchte bzw muss.
Da gäbe es dann relativ viele Begriffe, die individuell für sich verwendet werden - dazu würde auch Two-Spirit (zwei Seelen in einem Körper) zählen. Aber man hörte/las auch schon von Gender-Fluid, X-Gender oder Cross-Gender, Gender-Queer oder Bi-Gender, Androgyn und Non-Binary, um nur ein paar davon zu nennen.
Eventuell könnte man dazu auch noch Intersexuelle (Drittes Geschlecht, früher auch Hermaphroditen bzw Zwitter) zählen, die sich quasi zwischen den biologischen Geschlechtern sehen respektive fühlen - aber auch hier nicht alle. Einige tendieren dann doch zu einer von den beiden überwiegenden Seiten, also entweder Frau oder Mann. Viele (die meisten?) Intersexuellen, also Menschen wo es eindeutige biologische/körperliche Zweideutigkeiten gibt - ob nun oberflächlich am/im Körper oder nur an den Chromosomen ersichtlich - zählen sich aber nicht zu Transgendern.
Transgender wird gerne als quasi Oberbegriff (zB hier im Forum) verwendet, und zwar für alles, was sich beim Genderswitchen (Rollenwechsel sozialer Geschlechter, also zwischen Frau und Mann bzw weiblich und männlich oder eben klar dazwischen) im weitesten und kürzesten Sinne dazu zählen lässt.
So fallen hier bei uns selbstverständlich auch Transvestiten (TV) bzw Crossdresser (CD) darunter. Diese Menschen fühlen sich in dem bei der Geburt augenscheinlichen bzw zugewiesenen Geschlecht zwar grundsätzlich wohl, aber dennoch müssen sie "die andere" Seite in ihnen ausleben; In der Regel eben durch das Switchen mittels Kleidung und Schuhen, Make-Up und Perücken, etc pp. Einige nennen sich lieber Crossdresser, da es nicht primär um eine sexuelle Konotation geht, was dem Begriff Transvestit(ismus) ja doch sehr anhängt.
Drag-Queen (wzB Conchita Wurst) taucht auch ab und zu auf - das wäre wohl die gesteigerte Form von Travestie, also im Grunde nur eine Berufsbezeichnung, wo ein Mann eine Frau (oder eine Frau einen Mann) überzeichnet auf zB der Bühne darstellt.
Auch trifft man auf sog DWT (-Fetischisten (Damen-Wäsche-Träger)), was sich eher nur auf feminine Unterwäsche bei Männern mit oft sexueller Konotation beschränkt.
Transe hört/liest man als Betroffene nicht gerne, es gilt als Schimpfwort (gleich wie Schwuchtel oder Tunte bei homosexuellen Männern). Ähnlich wie der Begriff She-Male, Lady-Boy oder Schwanz-Mädchen, was aus der Ecke der Porno-Industrie stammt.
Vielleicht bist Du nun entweder voll aufgeklärt - oder vollends verwirrt
Ich hoffe, ich konnte Dir ein bisschen weiterhelfen
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RE: Interessierte Studentin auf der Suche nach Antworten :)
Liebe Bonita!
Erst einmal ein großes Dankeschön an dich, dass du mir soooo ausführlich geantwortet hast! Das freut mich! Aber wie du passend gesagt hast, bin ich zwar ein bisschen aufgeklärter, aber trotzdem noch verwirrt
Ich fasse nun für mich zusammen, wie ich deine Erläuterungen verstanden habe:
TG oder TI kann sehrwohl bedeuten, dass sich Personen mit dem seit der Geburt zugewiesenen Geschlecht nicht identifizieren können und folglich das andere Geschlecht bevorzugen und durch gewisse Maßnahmen auch erreichen können (binäres System also vorhanden!). So. Mit dieser Definition kann ich zwar etwas anfangen, jedoch irritiert mich dann die Definition der Universität, die ja von einem totalen Abweichen der binären Struktur ausgeht. Jene Definition sagt ja eigentlich, dass sich TG/TI-Personen (und zwar alle, so habe ich das verstanden) weder mit dem einen, noch mit dem anderem Geschlecht identifizieren können und somit ein Bereich der Zugehörigkeit entsteht, der weder zu Frau/weiblich oder Mann/männlich passt. So eine Art "Zwischenebene", das dennoch eigenständig für sich steht, da ja (wie du auch geschrieben hast) eher Intersexuelle Personen mit beiden angelegten Geschlechtern als diese Zwischenebene gesehen werden. Hat hier die Universität geschlampt und einen zu breit gefassten Überbegriff gewählt, der zwar auch zu TG/TI passen kann, aber eben nicht ausschließlich? Ich fände diesen Gesichtspunkt extrem wichtig, weil im Gespräch mit anderen Studenten genau diese "Erklärung" bei den meisten hängengeblieben ist und eigentlich entspricht das ja gar nicht den Tatsachen! Oder?!
Das mit der fließenden Identität ist mir auch noch nicht ganz klar - kannst du mir das eventuell nochmal erklären?
Und zum Begriff der Two-Spirits: kann ich davon ausgehen, dass es sich dabei sozusagen um das gleichzeitige Vorhandensein von "männlicher" & "weiblicher" Seelen/Gedanken/Vorstellungen/Ideale/etc. in einem Körper handelt? Oder sind diese Seelen als geschlechtsneutral zu sehen?
Zu den geschlechtsanpassenden Methoden habe ich auch noch eine Frage: angenommen, eine Person kann sich weder mit männlich noch mit weiblich identifizieren - ich schlussfolgere daraus, dass eine Angleichungsop demnach keinen Sinn macht, weil wir hier ja wieder in diesem Entweder/Oder-System wären, das aber bei keinerlei Präferenz unlogisch wäre. Wie reagieren diese Personen auf ihre Identität? Gibt es hierfür Erfahrungsberichte, die ich nachlesen, recherchieren kann?
Um mein Grundanliegen vielleicht noch einmal zu verdeutlichen: auf der Uni wurde uns geprädigt, dass es im Bereich des TG/TI hauptsächlich um diese bewusste, gewollte Abgrenzung von dem Entweder/Oder-System geht und dass es eben diese "dritte" oder zusätzliche Ebene gibt, die aber nicht wirklich beschrieben werden kann, weil einfach die dafür nötigen Begriffe/Worte/Personalpronomen etc. fehlen. Was ich aus deiner Beschreibung herausgelesen habe, ist es aber schon so, dass das Entweder/Oder-System präsent ist und nicht (wie auf der Uni gelehrt) verteufelt wird. Eine derartige Abgrenzung findet also gar nicht statt? Oder zumindest nicht hauptsächlich?
DANKE auf alle Fälle und ich bleibe gespannt!
Liebe Grüße aus Wien
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RE: Interessierte Studentin auf der Suche nach Antworten :)
01.02.2017, 12:02
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 01.02.2017, 12:28 von Bonita.)
(01.02.2017, 10:08)tanxa_b schrieb: ... Ich fasse nun für mich zusammen, wie ich deine Erläuterungen verstanden habe:
TG oder TI kann sehrwohl bedeuten, dass sich Personen mit dem seit der Geburt zugewiesenen Geschlecht nicht identifizieren können und folglich das andere Geschlecht bevorzugen und durch gewisse Maßnahmen auch erreichen können (binäres System also vorhanden!). So. Mit dieser Definition kann ich zwar etwas anfangen, jedoch irritiert mich dann die Definition der Universität, die ja von einem totalen Abweichen der binären Struktur ausgeht. Jene Definition sagt ja eigentlich, dass sich TG/TI-Personen (und zwar alle, so habe ich das verstanden) weder mit dem einen, noch mit dem anderem Geschlecht identifizieren können und somit ein Bereich der Zugehörigkeit entsteht, der weder zu Frau/weiblich oder Mann/männlich passt. So eine Art "Zwischenebene", das dennoch eigenständig für sich steht, da ja (wie du auch geschrieben hast) eher Intersexuelle Personen mit beiden angelegten Geschlechtern als diese Zwischenebene gesehen werden. Hat hier die Universität geschlampt und einen zu breit gefassten Überbegriff gewählt, der zwar auch zu TG/TI passen kann, aber eben nicht ausschließlich? Ich fände diesen Gesichtspunkt extrem wichtig, weil im Gespräch mit anderen Studenten genau diese "Erklärung" bei den meisten hängengeblieben ist und eigentlich entspricht das ja gar nicht den Tatsachen! Oder?!
Geschlampt? Womöglich
Da man nicht nur TS/TI zu TG zählt, und der große Rest früher ja auch schon mal als TS/TI gesehen bis diagnostiziert wurde, könnte es freilich sein, dass man an der UNI da (k)eine Unterscheidung traf - wir hier im Forum machen das nicht unbedingt (und im realen Leben wohl ebenso).
Wobei man auch bedenken sollte, dass sich TS/TI oft sehr lange (Jahrezehnte mitunter!) eben nicht genau darüber klar sind, was sie sind resp wollen. Ein/e TS/TI, eine Frau mit hebammengeschlechtlich männlichem Körper bzw ein Mann mit hebammengeschlechtlich weiblichem Körper - strebt idR kein Leben "dazwischen" an; Man könnte nach der Transition (den therapeutischen Behandlungen) auch sagen, dass das nun eine Frau oder ein Mann (mit jeweils transsexuellem/transidentem Hintergrund) ist - und sie jeweils somit nicht mehr per Definition unter TG zu zählen seien.
Viele TS/TI bestehn sogar darauf, eben dieses "Zwischenleben", welches sie führen mussten um am Ziel anzukommen, endlich/vollständig ablegen zu können.
(01.02.2017, 10:08)tanxa_b schrieb: Das mit der fließenden Identität ist mir auch noch nicht ganz klar - kannst du mir das eventuell nochmal erklären?
Nun ja, das ist eben die Sache - wie kann ich es erklären, wenn ich nicht selbst davon betroffen war/bin?! Mit (meinen) einfachen Worten: Diese Menschen fühlen sich überwiegend weder als Frau noch als Mann respektive beides bzw alles in einem oder auch abwechselnd so (salopp ausgedrückt - Betroffene mögen mir verzeihen!). Ich hoffe, es meldet sich noch jemand der darüber aus eigener Erfahrung schildern kann...
(01.02.2017, 10:08)tanxa_b schrieb: Und zum Begriff der Two-Spirits: kann ich davon ausgehen, dass es sich dabei sozusagen um das gleichzeitige Vorhandensein von "männlicher" & "weiblicher" Seelen/Gedanken/Vorstellungen/Ideale/etc. in einem Körper handelt? Oder sind diese Seelen als geschlechtsneutral zu sehen?
Das wären Erklärungversuche, die diese Menschen die eben beides oder alles oder nichts in sich fühlen bzw sehen - es kann jeweils so sein für diese Menschen.
(01.02.2017, 10:08)tanxa_b schrieb: Zu den geschlechtsanpassenden Methoden habe ich auch noch eine Frage: angenommen, eine Person kann sich weder mit männlich noch mit weiblich identifizieren - ich schlussfolgere daraus, dass eine Angleichungsop demnach keinen Sinn macht, weil wir hier ja wieder in diesem Entweder/Oder-System wären, das aber bei keinerlei Präferenz unlogisch wäre. Wie reagieren diese Personen auf ihre Identität? Gibt es hierfür Erfahrungsberichte, die ich nachlesen, recherchieren kann?
Es gibt Betroffene, die solche Angleichungen tatsächlich bereuten (weil ev zu rasch oder fälschlich so diagnostiziert und/oder die chirurgischen Möglichkeiten eben nur eine Angleichung und nie eine ugs Umwandlung sein können bzw es OP- bzw Heilungs-Fehler gab usw usf) und dann erneut "wechselten" oder dann "das Dazwischen" lebten/leben. Unter Anderem könnte man unter "transsexuelle Reue-Patientinnen" fündig werden (ohne Gewähr!)...
(01.02.2017, 10:08)tanxa_b schrieb: Um mein Grundanliegen vielleicht noch einmal zu verdeutlichen: auf der Uni wurde uns geprädigt, dass es im Bereich des TG/TI hauptsächlich um diese bewusste, gewollte Abgrenzung von dem Entweder/Oder-System geht und dass es eben diese "dritte" oder zusätzliche Ebene gibt, die aber nicht wirklich beschrieben werden kann, weil einfach die dafür nötigen Begriffe/Worte/Personalpronomen etc. fehlen. Was ich aus deiner Beschreibung herausgelesen habe, ist es aber schon so, dass das Entweder/Oder-System präsent ist und nicht (wie auf der Uni gelehrt) verteufelt wird. Eine derartige Abgrenzung findet also gar nicht statt? Oder zumindest nicht hauptsächlich?
Nein, TS/TI sollte man schon unbedingt auch eigenständig sehen, siehe vorige Erklärungsversuche; Aber alles was sich von TS/TI unterscheidet, kann natürlich unter die gewollte Abgrenzung vom Entweder/Oder-System fallen. Kann, weil es auch da Fälle gibt, die eine Zeitlang "männlich" und dann abwechselnd "weiblich" (bzw umgekehrt) leben - weil es wahrscheinlich grade zu deren Situation bzw Gefühlen passt...
Das Problem mit den Personalpronomen in den jeweiligen Sprachen wurde noch nicht so ernst genommen - zumindest von Schweden wissen wir, dass es eine neue Wortschöpfung diesbezüglich gibt:
Geschlechtsneutrales Fürwort: "hen" im Deutschen?
Eventuell auch noch interessant dazu:
Im deutschen Recht gibt es bald ein drittes Geschlecht
Inter: "Gericht in Oberösterreich soll ein drittes Geschlecht anerkennen"
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RE: Interessierte Studentin auf der Suche nach Antworten :)
Hallo Bonita!
Erneut ein großes Dankeschön für deine Bemühungen mich zu erhellen! Da wird einem erst bewusst, was man alles nicht weiß bzw. "falsch weiß". Generell kann ich glaub ich resümieren, dass ich wsh zu sehr dazu neige in Schubladen und Kategorien zu denken - ein gesellschaftliches Phänomen/Problem? - obwohl es wsh gerade bei dieser Thematik darauf ankommt, dieses Denken in Kategorien und Unterteilungen zu vermeiden bzw. bewusst zu dekonstruieren. Ein bisschen hast du das mit deinen Erläuterungen geschafft und dafür: DANKE!
Ich habe auch schon unzählige Materialien gefunden, die sich passend mit meinen Fragen beschäftigen - man muss nur wissen, wonach man suchen muss
Eine Frage (und deren Provokation bin ich mir durchaus bewusst!) habe ich allerdings noch:
Was verstehen TS/TI-Personen unter "normal", "Normalität"? Gibt es so etwas überhaupt?
Ich bin der festen Überzeugung, dass der Begriff der Normalität ohnehin in JEDEM Bereich des Lebens als kritisch und diskutabel, wenn nicht sogar vermeidenswert, anzusehen ist (Wer sagt, dass das Röcketragen für Frauen "normal" ist? Wer sagt, dass 9to5-Jobs "normal" sind, Wodurch wird bestimmt, wer oder was an normal anzusehen ist und wer oder was ist abnormal? ...) aber gerade dieser Punkt interessier mich im Hinblick auf Trans*Identitäten, die ja leider oftmals (viel zu oft!) von der Gesellschaft als "nicht normal" dargestellt und abgestempelt werden.
Das wäre meine abschließende Frage und damit verabschiede ich mich vorerst, hoffe aber doch auf Antworten von betroffenen Personen!
Liebe Grüße!
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RE: Interessierte Studentin auf der Suche nach Antworten :)
(01.02.2017, 00:16)tanxa_b schrieb: ... – ich habe im Laufe der Zeit gemerkt, dass ich unbedingt einen transsexuellen Hauptprotagonisten beschreiben möchte. An dieser Stelle möchte ich mich auch gleich für meine nicht geschlechtsneutrale Bezeichnung entschuldigen und ich hoffe, dass jemand von euch mit „Du blöde Funsen, kannst du nicht xyz schreiben?!“ kommentiert und mir eine Schreibweise aufzeigt, die ich verwenden kann/darf/soll. J
Oh, so schwer ist die Sache gar nicht. Zu mindestens im Bezug auf Transsexualität, wobei die meisten Betroffenen und Therapeuten inzwischen den Begriff Transidentität vorziehen. Dieser Begriff ordnet die Thematik und die Ursachen eher dem Bereich der Identität und der Psyche zu als der dem Bereich der Biologie oder der Sexualität. Ich denke dir als Germanistik-Studentin dürfte klar sein, dass man durch eine wohl überlegte Wahl eines Begriffs einen anderen Schwerpunkt setzen kann. Nun, da Therapeuten, Wissenschaftler und Betroffene die Probleme und Ursachen vor allem in diesem Bereich sehen, wird die Bezeichnung Transidentität als genauer und besser empfunden, weil man diesen Schwerpunkt noch mal extra betonen möchte.
Ich selbst benutze in meinem Sprachgebrauch nur den Begriff der Transidentität, aber ich bin mir bewußt das die langläufigere und weiterbekannte Bezeichnung Transsexualität ist. Gegenüber Fremden, die diese Neuausrichtung des Schwerpunktes nicht kennen können, benutze ich notgedrungen den Begriff Transsexualität. Man braucht nunmal einen gemeinsamen, bekannten Begriff um über das Thema zu reden, aber ich mache es nicht gerne. Ich versuche dann auch schnellstmöglich zu erklären, dass es mit Transidentität besser umschrieben ist.
Gut, machen wir weiter mit der Gramatik der Geschlechter. Bei Menschen mit Transidentität wird das Geschlecht nicht anhand der Biologie bestimmt, sondern anhand des empfunden Geschlechts bzw. des Sozialen Geschlechts.
Zum Beispiel bin ich weiblich. Wenn du mein Profilbild anguckst oder die Fotogallerie in meinem Profil aufmachst, dürftest du mich zweifelsfrei als Frau ansehen.
Also ist es bei mir relativ einfach, nach meinem Geschlechtsempfinden bin ich weiblich und anhand meines Aussehens und meines Verhaltens werde ich von anderen eindeutig als Frau identifiziert und behandelt (das fast man grob als soziales Geschlecht zusammen, oder man könnte auch Geschlechterrolle sagen). Also wird für mich durchweg die weibliche Form benutzt. Die Biologie fällt dabei unter den Tisch und findet keinen Einfluss in die Gramatik.
Und um es dann noch mal klar zu sagen, als ich geboren wurde, wurde ich als männliches Baby eingestuft und habe einen Männernamen bekommen. In der Pubertät habe ich dann gemerkt, dass dies aber nicht meinem Empfinden entspricht und auch nicht meiner Identität bzw. Psyche. Zum Glück wurde das juristisch jetzt geändert und medizinisch kann man auch viele Maßnahmen durchführen um das Erscheinungsbild möglichst weit an das empfundene Geschlecht anzupassen. Das ist mehr oder weniger notwendig, damit man im Alltag nicht immerwieder geschlechtlicher Uneindeutigkeit konfrontiert wird.
Leider ist es so, dass bei manchen Frauen ( <- Achtung, das hier ist das empfundene Geschlecht.), die von Transidentität betroffen sind, den Möglichkeiten der Medizin Grenzen gesetzt sind. Auch nach Jahren der Behandlung, sei es nun hormonell oder mit chirugischen Eingriffen, sind noch deutliche, männliche Merkmale zu erkennen. Die werden dann fälschlicherweise oft als männlich oder Männer identifiziert. Das ist falsch, weil ihnen das Empfinden sagt sie sind weiblich. Genauso wie ich weiß das ich eine Frau oder wie du es weißt.
Und um den ganzen Gramatik Kram mal abzuschließen, genauso gibt es Männer, die wurden bei der Geburt als weiblich identifiziert, bis ihnen dann später klar wurde, dass dies so nicht richtig ist.
Da wird dann durchweg die männliche Gramatik benutzt.
Ich weiß, für Außenstehende ist das nicht immer ganz einfach, gerade wenn man über Betroffene redet, die mitten in der Phase der Angleichung sind und bei denen die medizinischen Maßnahmen noch nicht sichtbar sind. Aber man muss sich eigentlich nur immer wieder ins Bewußtsein rufen, dass man in der Gramatik der Transidentität immer vom empfundenen Geschlecht ausgeht. Manchmal kann man das nicht erkennen oder ist sich nicht sicher, dann ist vielleicht etwas peinlich zu fragen, wie die Person sich selbst empfindet, aber das ist oft besser, als nach dem eigenen Gefühl zu gehen. Da besteht eine 50% Chance die falsche Form zu wählen und der Person ungewollt zu nahe zu treten.
Zuletzt dann noch, ein Wort zu den Kurzformen. Es ist mühsam und umständlich, immer zu schreiben Frauen oder Männer, die von Transidentität betroffen sind. Viele kürzen das dann einfach als Transfrau oder Transmann ab. Da wird die Gramatik natürlich dem Stamm von Mann oder Frau nach gebildet. Ich sage es nur der Vollständigkeit halber, ich gehe nicht davon aus, dass eine Germanistik-Studentin anfangen wird abenteuerliche und falsche Gramatik zu verwenden.
Und mit Blick auf dein Buch, würde ich sagen, wenn du einen Protagonisten hast, dann ist es ein Transmann, wenn du eine Protagonistin vorziehst, dann handelt das Buch von einer Transfrau.
Es ist letztlich deine Entscheidung, welches empfundene Geschlecht deine Hauptfigur hat.
Ich hoffe diese Erklärung war für dich verständlich genug. Ich versuche es für Menschen, die es nur aus der Theorie kennen, möglichst genau zu beschreiben. Außerdem gehe ich davon aus, dass wer eine Uni besucht auch komplexere Zusammenhänge begreift und umfassende Erklärungen aufnehmen kann. Bei Unklarheiten gerne nachfragen, ich bin keine Pädagogin, ich kann nur raten wie jemand am besten einen Sachverhalt versteht.
Ach ja und das bezieht sich alles nur auf Transidentität wie sie in der Diagnose F64.0 beschrieben ist, alle anderen Transgender sollen bitte für sich selber sprechen.
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Erst auf den zweiten Blick; Erkennst du was dahinter steckt.
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RE: Interessierte Studentin auf der Suche nach Antworten :)
01.02.2017, 14:44
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 01.02.2017, 15:29 von j-unique.)
Vielleicht ist hier noch interessant, dass es durchaus Menschen außerhalb des binären Spektrums gibt. Bekanntestes Stichwort ist hier wohl »non-binary«. Es gibt auch Informationen dazu und ich kenne einige solche Menschen (die meisten auch trans und/oder inter). Hier im Forum wirst du nur fast keine solchen finden, da hier eben primär Transfrauen und -männer anzutreffen sind und Trans-Community und Non-Binary-Community interessanterweise zwei relativ verschiedene Dinge sind. Vermutlich, weil sich die einen mit binären Geschlechterordnungen und Stereotypen wohl fühlen (egal ob m oder w) und das auch ein bisschen überhöhen (nicht negativ gemeint!), und die anderen sich damit extrem unwohl fühlen.
Es kommt mir auch so vor, als sei Non-binary-Sein relativ »böse«, da es eben die binäre Geschlechterordnung in Frage stellt. Es ist schon schwierig, sich als trans zu outen, aber wenn man sich als non-binary outet, existiert man für die Gesellschaft schlicht nicht und ist allenfalls geisteskrank und genderwahnsinnig. Im persönlichen Gespräch habe ich schon von Transfrauen gehört, dass das binäre »100%-nur-Frau-und-sonst-nichts-sein« durchaus nicht soo klar und selbstverständlich ist, aber es mangelt unserer Gesellschaft schlicht an der Möglichkeit, was anderes zu sein, als das, wofür es Begriffe und Denkmuster gibt. Und während es »trans« schon als Denkmuster gibt (wenn auch meistens in Form der »schwulen Transe«, die den ganzen Tag Männern für Sex hinterherläuft, oder auch als »Persönlichkeitsstörung« samt psychatrischer Diagnose), ist es schlicht denkunmöglich, dass jemand weder Mann noch Frau ist. Und doch gibt es das sowohl von der Identität und Geschlechtsrollen her als auch körperlich. Hier gibt's zB ein paar Infos: http://nonbinary.org/wiki/Main_Page
Zitat:Ist diese Verortung außerhalb des binären Systems immer gleichbleibend? Oder gibt es Momente/Zeitspannen, in der es Tendenzen zu einem Geschlecht gibt? Also manchmal eher weiblich, manchmal eher männlich?
Bei mir: gleichbleibend. Wenn es wechselt, heißt das genderfluid.
Zitat:Oder ganz blöd gefragt: Wie kann ich mir eine solche Abgrenzung von binären Strukturen überhaupt vorstellen?
Für mich heißt das primär, dass ich mich extrem schlecht und abgewertet fühle, wenn mich wer als Mann bezeichnet (wohl das gleiche Gefühl, das binäre Trans-Menschen haben, wenn man sie falsch bezeichnet). Als Frau ist es etwas besser, aber nicht viel. In beiden Fällen wird man mit Stereotypen bedacht, mit denen ich einfach nicht kann. Ich muss nicht, um »trans genug« (und da ich bei der Geburt für männlich erklärt worden bin, muss ich, wenn ich trans bin, dann wohl Trans-Frau sein) zu sein, automatisch lange Haare haben. Ich mag Make-Up, aber nur wenn ich Lust habe und ich brauche es nicht, um mich als ich zu fühlen. Ich ziehe gerne Unisex-Sachen an und komme mir im Kleid eher blöd vor (aber das kann sich ja ändern ). Ich habe Angst, wenn ich auf ein zweigegendertes Klo gehen muss, weil ich, egal wie ich mich entscheide, blöd angestarrt (und vielleicht angegangen, was aber glücklicherweise noch nie passiert ist) werde. Insgesamt kann man sagen, dass weder mein Körper noch mein geschlechtsspezifisches Verhalten männliche oder weibliche Normen erfüllt, sodass ich mit diesen Begriffen einfach nichts anfangen kann und sie für mich einfach nicht passend finde. Die Frage: »Bist du ein Mann?« übersetze ich zu »Erfüllst du die gängigen männlichen Identifikations-, Verhaltens- und Körpernormen?« und beantworte sie mit nein. Das gleiche für weiblich.
Ich bin kein Mann (eh ich mag meine Brüste ^^) und finde stereotyp männliches Verhalten einfach nur bescheuert. Ich kann das nicht. Ich bin auch keine Frau (nein, ich kann keine Kinder kriegen, und auf den Punkt gebracht ist das das, wie Frau-sein bei den meisten Nicht-Trans-Leuten definiert wird; auch wenn ich das nicht so sehe) und finde stereotyp feminines Verhalten ebenfalls bescheuert. Kann ich auch nicht. Und ich verzichte dankend darauf, vielleicht doch als Gnaden-Trans-Frau durchzugehen (zu »passen«; das Wort ist sowohl in der englischen als auch in der deutschen Bedeutung treffend) und meine (eigentlich gar nicht vorhandene) Identität als Frau vor irgendwelchen Trans-Hater*innen zu rechtfertigen. Also: non-binary, und wenn die Leute starren wollen, dann sollen sie starren Finde es mittlerweile eh lustig.
Das Leben ist eine Komödie und wir sind die Clowns.
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RE: Interessierte Studentin auf der Suche nach Antworten :)
01.02.2017, 14:54
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 01.02.2017, 15:03 von Bonita.)
(01.02.2017, 12:46)tanxa_b schrieb: ... Eine Frage (und deren Provokation bin ich mir durchaus bewusst!) habe ich allerdings noch:
Was verstehen TS/TI-Personen unter "normal", "Normalität"? Gibt es so etwas überhaupt?
Ich bin der festen Überzeugung, dass der Begriff der Normalität ohnehin in JEDEM Bereich des Lebens als kritisch und diskutabel, wenn nicht sogar vermeidenswert, anzusehen ist (Wer sagt, dass das Röcketragen für Frauen "normal" ist? Wer sagt, dass 9to5-Jobs "normal" sind, Wodurch wird bestimmt, wer oder was an normal anzusehen ist und wer oder was ist abnormal? ...) aber gerade dieser Punkt interessier mich im Hinblick auf Trans*Identitäten, die ja leider oftmals (viel zu oft!) von der Gesellschaft als "nicht normal" dargestellt und abgestempelt werden...
Tja, wie Du schon selbst sagst: Was ist schon "normal"; Oder anders: Wer bestimmt Normalität? IdR leider - oft auch noch mit dümmlichem Unverständnis - jene, die den Großteil einer Bevölkerung ausmachen; Transgender sind - auch wenn manche "Normalos" das anders sehen - eine sehr kleine Minderheit gemessen an der Bevölkerung. Dennoch ist ihre Lebensweise (ob nun so weit wie möglich "angepasst" wie bei TS/TI oder auch "dazwischen") genauso normal wie jede andere auch. So manche Mythen bis Klischees, transportiert durch das eine und andere Medium, machen diese Normalität jedoch oft zu einem Spießrutenlauf.
Eine Frau oder ein Mann (mit transsexuellem/transidentem Hintergrund), also zB Eva_Tg (leider noch ohne Hormontherapie) oder auch ich (bereits seit mehr als 20 Jahren mit abgeschlossenen Therapien), bestehen natürlich zu aller erst auf die korrekte Anrede, wie Eva bereits vorher ausführte; Das berücksichtigen leider tw immer noch nicht auch seriöse Medienleute.
Ein Mensch der bereits 24/7 in der gefühlten Rolle lebt (auch wenn die Namens- bzw Personenstands-Änderung noch nicht durch ist), hat das Recht dazu - auch wenn sie (die Frau) oder er (der Mann) noch tw bzw weniger oder mehr Merkmale der "vorherigen" Rolle mit sich durchs Leben schleppen muss. Leider gibt es auch Fälle, wo man es auch noch nach Jahren an der einen oder anderen Kleinigkeit erkennen kann - "Normalität" ist dann oft nicht mehr gegeben (Outings, Klischee/Abstempelungen, Beleidigungen, Mobbing, Verletzungen, gar Morde).
Aber auch jene Transgender, die nicht TS/TI für sich als Bezeichnung reklamieren wollen oder können haben ein Anrecht auf korrekte Anrede; Da wird es dann leider etwas schwieriger, denn wie schon vorher erwähnt gibt das die eine und andere Sprache (noch) nicht so her wie es hoffentlich alsbald ebenso normal wird zB neue Worte bzw Wortendungen etc pp zu lernen und zu benützen.
Sehr wichtig ist auch der gebührende Respekt eine TG/TS/TI-Person nicht über mögliche und unmögliche Therapie-Schritte auszufragen, nicht jede TG/TS/TI kann oder will die eine oder andere Therapie durchführen lassen. Oder nach dem früheren Namen. Analog dazu könnte man auch vergleichen: ZB eine Frau, von der man zwar weiß, dass sie eine bestimmte Krankheit hat/te (zB Brust- oder Unterleibs-Krebs), fragt man auch nicht einfach so nach eventuellen/notwendigen Therapien bzw Operationen; Gibt es ein Vertrauensverhältnis, dann erzählen Betroffene meist ohnehin von selbst...
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tanxa b!Für mich als Transfrau ist Normalität einfach das,das ich genau wie alle anderen Frauen die kenne lebe!Ich schminke mich nicht auffällig,ich kleide mich nicht auffällig,ich gehe meinem Alltag nach und versuche in keinster Weise irgendwie die Aufmerksamkeit auf mich zu ziehen!Ich bin zwar gegenüber früher eher konservativ und Spießig,aber ich habe nicht wirklich ein Problem sondern ich werde akzeptiert!Ansonsten kann ich dir da nicht wirklich etwas sagen^^!
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(01.02.2017, 14:54)Bonita schrieb: Eine Frau oder ein Mann (mit transsexuellem/transidentem Hintergrund), also zB Eva_Tg (leider noch ohne Hormontherapie) oder auch ich (bereits seit mehr als 20 Jahren mit abgeschlossenen Therapien), bestehen natürlich zu aller erst auf die korrekte Anrede, wie Eva bereits vorher ausführte; Das berücksichtigen leider tw immer noch nicht auch seriöse Medienleute.
Vielleicht sollte ich nochmal zusätzlich betonen, dass der Stand der Medizinischen Behandlung, nichts darüber aussagt, wie gut ich nun als Frau integriert und sozialsiert bin.
Ich habe viele Freunde, die wissen von meinem Werdegang und die wissen auch wie weit die medizinische Behandlung ist und das da noch einige Schritte fehlen. Trotzdem bin ich für die genauso eine Frau und genauso weiblich wie jede andere.
Das würde ich dann auch Normalität nennen, wenn das eigene Empfinden und das der Mitmenschen übereinstimmen.
Bei mir ist das auch nicht schwer mein Empfinden zu teilen, ich unterscheide mich nicht groß von anderen Frauen. Wenn ich nichts über meine Vergangenheit erzähle, dann merken nur ganz wenige Menschen etwas von meiner Transidentität.
Das würde ich auch dem Thema Normalität zu ordnen, dass man ohne Bedenken leben kann, andere Menschen könnten etwas über die eigene Vergangenheit erfahren und aufgrund dieses Wissens plötzlich das eigene Geschlecht in Frage stellen.
(01.02.2017, 14:54)Bonita schrieb: Sehr wichtig ist auch der gebührende Respekt eine TG/TS/TI-Person nicht über mögliche und unmögliche Therapie-Schritte auszufragen, nicht jede TG/TS/TI kann oder will die eine oder andere Therapie durchführen lassen. Oder nach dem früheren Namen. Analog dazu könnte man auch vergleichen: ZB eine Frau, von der man zwar weiß, dass sie eine bestimmte Krankheit hat/te (zB Brust- oder Unterleibs-Krebs), fragt man auch nicht einfach so nach eventuellen/notwendigen Therapien bzw Operationen; Gibt es ein Vertrauensverhältnis, dann erzählen Betroffene meist ohnehin von selbst...
Bei einem Vertrauensverhältnis können auch die anderen Fragen stellen. Da muss nicht immer Neugier oder Zweifel oder Sensationslust hinterstecken. Freunde und Vertraute können auch einfach aus Sorge fragen. Sowas macht man natürlich am besten unter vier Augen, dann kann man am ehsten einschätzen, was hinter so einer Frage steckt.
Wie bei meiner Trauzeugin und mir, die mich aus heiterem Himmel fragte, ob ich hier genauer erklären kann wie die Hormontherapie abläuft. Als ich nachharkte woher das plötzliche Interesse an solchen Details kommt, sagte sie mir, dass sie sich nun auch Sorgen macht und wissen möchte was da alles passieren könnte.
Also im Grunde eine sehr respektvolle Frage, mit einem sehr fürsorglichen Hintergedanken. Man muss immer die Umstände und die tiefe der Verbundenheit berücksichtigen und kann nicht pauschal von Do´s und Don´t reden.
Das ist meine Meinung dazu, aber ich bin da sehr offen. Wenn ich mich bei jemanden geoutet habe, dann sage ich auch, wenn es Fragen gibt, stellt sie ruhig. Solange das nicht in aller Öffentlichkeit besprochen wird und nicht zu intim wird, habe ich kein Probleme damit.
Besser die Leute fragen mich selbst als wenn sie versuchen sich schlau zu machen und via Internet auf irgendwelchen unseriösen Seiten voller Halbwissen landen.
Ach ja, eine Sache noch:
(01.02.2017, 00:16)tanxa_b schrieb: Wie sieht das mit dem sexuellen Begehren aus? Gibt es bevorzugte Geschlechter (was das binäre System betrifft) bei Transsexualität?
Transidentität, oder eben wie du sagst Transsexualität, ist keine Form der Sexualität. Die Identität eines Menschen sagt nichts darüber aus wer die Sexuallpartner dieses Menschen sind. Hier spürt man glaube ich am deutlischten wie unpassend der Begriff Transsexuallität ist.
Aus der Aussage, dass ich eine Transfrau bin, wirst du nicht erschließen können, mit wem ich ins Bett gehe oder in wen ich mich verliebe.
Aber aus der Aussage, dass ich eine lesbische Transfrau bin, kannst du sofort erschließen, wie mein Liebesleben aussieht.
Also haben Menschen mit Transidentität, eine Sexuallität, die wie bei anderen Menschen auch als heterosexuell, homosexuell oder bisexuell beschrieben werden muss.
Folgender Link könnte für dich von Interesse sein:
http://hormonmaedchen.de/sexuelle-orientierung-2/
Außerdem empfehle ich dir folgende Studie:
http://trans-nrw.de/die-lebenssituation-...en-in-nrw/
Die bietet tiefergehende Einblicke in das Thema, bietet Hintergrundinformationen und liefert auch Zahlen und Fakten. Und mit Blick darauf das du Studentin bist, sollte diese Studie als seriöse Quelle angesehen werden. (Falls du mal daraus zitieren willst.)
Zu viel Wahrheit wird nicht erkannt; Zu viel Tod am Wegesrand.
Erst auf den zweiten Blick; Erkennst du was dahinter steckt.
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